Die Gendersprache hat einen Kulturkampf ausgelöst, sie spaltet das Land. Und so wird vorgeschlagen, jeder solle doch so schreiben, wie er will. Ein möglicher Ausgang aus der Arena des Kulturkampfes!? Leider erlebe ich im Umgang mit Gendersprache wenig Freiheit, aber viel Gängelung. In meinen Disziplinen wird es immer schwerer, Publikationsorte zu finden, die hier nicht gängeln – da besteht gerade keine Freiheit, dass jeder schreiben kann, wie es seiner Intention entspricht, von einem moralisierenden Rechtfertiungszwang einmal abgesehen. Mittlerweile erlebe ich immer häufiger folgende Argumentationsfigur: Wer Vorbehalte gegen Gendersprache äußert, erscheint als ein Feind der Freiheit, da er andere gängeln wolle; die realen politischen Zwänge, die von der Gegenseite aufgebaut werden, fallen unter den Tisch. Und noch eine Argumentationsfigur ist zu hören: Verzichten wir doch auf Regeln – dann braucht es auch keine Auseinandersetzung um das Gendern mehr zu geben.
Doch besteht ein Unterschied zwischen Freiheit und Anarchie. Nur zwei Anmerkungen: Der beständige Zwang, Freiheitsräume neu verhandeln zu müssen, schafft kein Mehr an Freiheit. Dies gilt auch für den Gesprach unserer (Verkehrs-)Sprache im öffentlichen Raum. Wer wissenschaftlich oder journalistisch arbeitet, muss eine robuste Wissenschafts- und Publikationsfreiheit genießen. Diese zählen zu den zentralen Grundfreiheiten und sind individuelle Grundrechte. Universitäten, zumal staatliche, oder öffentlich-rechtliche Medien haben aber keinen Auftrag zur Gesellschaftsreform im Sinne einer politisch einseitigen, vielleicht sogar ideologischen Umsteuerung der Gesellschaft. Ein solcher Auftrag untergräbt den Charakter des liberalen Rechts- und Verfassungsstaates, der auf verlässliche Institutionen, nicht Anarchie setzt. Und ein solcher Auftrag wirkt sich individuell freiheitsschädlich aus, etwa indem er in die Freiheit des Lehrens und Forschens wie des Studiums eingreift.