Rezension: Günter W. Zwanzig bespricht „Rote Fahnen, bunte Bänder“

Manfred Blänkner, Axel Bernd Kunze (Hgg.): Rote Fahnen, bunte Bänder. Korporierte Sozialdemokraten von Lassalle bis heute, Bonn: J. H. W. Dietz Nachf. 2016.

Politische Kultur braucht Agonistik, Wettstreit um die bestmöglichen Lösungen der Probleme, dies alles beruhend auf der Akzeptanz der gemeinsamen freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das vorliegende Buch mit einem Vorwort von Erhard Eppler zeigt auf, dass diese Wertvorstellungen heute alles andere als selbstverständlich sind. Eindeutig hat Eppler deshalb hervorgehoben, dass „eine demokratische Volkspartei nicht die Herkunft derer zu untersuchen und zu bewerten pflegt, die ihr beitreten wollen.“ Als Beispiel hat er Adelige wie Georg von Vollmar und Waldemar von Knoeringen genannt, die der „Arbeiter-Partei“ SPD wesentliche geistige Impulse gegeben haben.

Der aus dem Arbeitskreis sozialdemokratischer Korporierter (AKSK) entstandene Lassalle-Kreis ist geradezu ein Musterbeispiel für  die so notwendige Einübung in eine politische Kultur. So muss der Einzelne in seiner Korporation seine Überzeugung einbringen im Austausch mit Bundesschwestern und Bundesbrüdern aus anderen politischen Parteien, alles unter dem gemeinsamen Verbindungsideal integrieren. Außerhalb seiner Verbindung muss er in seiner politischen Umgebung für sein Engagement als Korporierter Verständnis wecken. Dies ist in der SPD besonders schwierig, da nicht unbeträchtliche Teile vor allem de jüngeren Mitglieder sich mit einer differenzierten und toleranten Betrachtung schwer tun. Beim Lesen des Buches wird klar, welche wertvollen und durchaus zu ihr passenden Kreise die SPD zurückstoßen würde, wenn die sich unsachgemäß allen Korporierten verschließt.

Dem Buch vorangestellt ist der – gegenüber der Fassung von 1998 – neu überarbeitete Beitrag von Peter Brandt „Das Erbe der Urburschenschaft.“ Ohne diesen historischen Hintergrund wären die folgenden einzelnen Beiträge unverständlich.

Es ist ein besonderes Verdienst der beiden Herausgeber, die im Wimgolfsbund bzw. im Cartell Christlicher Burschenschaften und im Schwarzburgbund (SB) verankert sind, in mühevoller und jahrelanger Arbeit über dreißig Biographien sowie aktuelle und persönlich gehaltene Beiträge von korporierten Sozialdemokraten­ zusammengestellt zu haben.

Der Inhalt des Buches geht weit über die Lebensbeschreibung bekannter korporierter Sozialdemokraten hinaus. Man hat sich dabei bewusst beschränkt auf „Genossen, die Zeit ihres Lebens sowohl der SPD als auch ihrer Verbindung die Treue hielten, halten konnten und halten durften“ (S. 15). So werden Ernst Reuter (langjähriger Regierender Bürgermeister in Berlin) und Leonrad Ragaz (führender religiöser Sozialist) nur erwähnt, da sie beide Merkmale zugleich nicht erfüllten. Auffällig ist, dass  sich unter den erwähnten Politikern kein Mitglied der österreichischen SPÖ und ebenso nicht einer katholischen Studentenverbindung befindet. Hier dürfte in Deutschland inzwischen ein Wandel eingetreten sein, wofür die Zusammensetzung des Lassalle-Kreises ein gutes Beispiel abgibt. Schließlich ist die Feststellung interessant, dass die aus christlich geprägten Verbindungen stammenden Sozialdemokarten zugleich religiöse Sozialisten waren (z. B. Karl Barth, Christoph Friedrich Blumhardt, Paul Tillich), während umgekehrt zahlreiche Verbindungsstudenten, die zu den religiösen Sozialisten zählten, nicht gleichzeitig auch Mitglieder einer sozialdemokratischen Partei waren.

Im Anschluss an die Biographien werden Themen behandelt, die von allgemeinem Interesse sind, z. B. zum Verhältnis der Sozialdemokratie zu studentischen Verbindungen, zu ihrem Bild in der öffentlichen Meinung sowie zum Rechtsextremismus. Des Weiteren werden persönliche Erfahrungen korporierter Sozialdemokraten wiedergegeben. Schließlich wird als positives Beispiel der Integration der burschenschaftlichen Bewegung in die Öffentlichkeit die 2015 in Schwarzburg errichtete Straße der Menschenrechte beschrieben.

Ein besonderer Abschnitt widmet sich der Zukunft der reinen Männerbünde und der Aufnahme von Studentinnen in gemischte Studentenverbindungen bzw. der Gründung reiner Damenverbindungen. Axel Bernd Kunze plädiert hier für ein tolerantes Miteinander der drei verschiedenen Darstellungsformen in einem Dachverband, das es allerdings bislang nur beim Schwarzburgbund (SB) und dem  Sondershäuser Verband (SV) gibt.

Das Buch bringt zum Schluss Anhandlungen über die Geschichte und das Wesen des Lassalle-Kreises.

Es wäre wünschenswert, wenn auch andere politische Parteien derartige Schriften herausgeben würden, um das Bewusstsein demokratischen Miteinanders zu stärken. Die Lektüre des Buches ist allen zu empfehlen, die sich über die Vielfalt der Geschichte der Demokratie bis in die Gegenwart hinein informieren wollen.

Oberbürgermeister a. D. Dr. jur. Günter W. Zwanzig (Rezensent)

Neuerscheinung: CONCILIUM-Themenheft zur Religionsfreiheit

Heiner Bielefeldt, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Religionsfreiheit, zog in diesem Jahr zum Ende seiner Amtszeit ein ernüchterndes Fazit: Er habe miterleben müssen, wie dieses Menschenrecht weltweit unter Druck geraten sei, nicht zuletzt im Nahen Osten, wo der „Islamische Staat“ brutal gegen orientalische Christen oder Jesiden vorgehe. In Deutschland und anderen westlichen Ländern wird angesichts von Massenmigration und Terrorgefahr darüber diskutiert, wie mit dem Islam umgegangen werden soll. Die Debatte über ein Burkaverbot ist nur ein Beispiel hierfür. Nicht wenige Stimmen plädieren dafür, Religion um des gesellschaftlichen Zusammenhalts und gelingender Integration willen aus dem öffentlichen Leben herauszuhalten;  gefördert werden solle stattdessen vielmehr eine vermeintlich neutrale Erziehung für Demokratie, Menschenrechte und Zivilgesellschaft.

Religion erscheint in der politischen Debatte der Gegenwart nicht selten als etwas, das den gesellschaftlichen Frieden bedroht und nach Möglichkeit vom Staat gezähmt werden sollte. In dieser Situation stellt sich von neuem die Frage, wie sich ein individuelles Menschen- und Grundrecht auf Religionsfreiheit begründen lässt, wie weit dieses reicht und wo dessen Grenzen liegen. Diese Fragen diskutiert eine Sammelrezension im aktuellen Themenheft „Religionsfreiheit“ der internationalen Zeitschrift für Theologie CONCILIUM:

Axel Bernd Kunze (Rez.): Individuelle Freiheit zur Religion, in: Concilium 52 (2016), H. 4, S. 510 – 514.

Besprochen werden folgende Werke:

Karl Gabriel, Christian Spieß, Katja Winkler: Wie fand der Katholizismus zur Religionsfreiheit? Faktoren der Erneuerung der katholischen Kirche (Katholizismus zwischen Religionsfreiheit und Gewalt; 2), Paderborn: Ferdinand Schöningh, 324 Seiten.

Karl Lehmann: Toleranz und Religionsfreiheit. Geschichte und Gegenwart in Europa, Freiburg i. Brsg.: Herder 2015, 144 Seiten.

Paul Tiedemann: Religionsfreiheit – Menschenrecht oder Toleranzgebot? Was Religion ist und warum sie rechtlichen Schutz verdient, Berlin/Heidelberg: Springer 2012, 193 Seiten.

Hans-Georg Ziebertz (Hg.): Religionsfreiheit. Positionen – Konflikte – Herausforderungen (Würzburger Theologie; 12), Würzburg: Echter 2015, 237 Seiten.

Tagungsbericht: Bildung hat Wert, nicht Zweck

Was macht das besondere Profil evangelischer Bildung und evangelischer Schulen aus? Engagiert diskutierten die Vertreter evangelischer Fachschulen Mitte November in Berlin auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Bundesverbands evangelischer Ausbildungsstätten (BeA) über diese Frage. „Frühkindliche Bildung ist nicht zukunftsfixiert, sondern sie ist zukunftsoffen. Frühkindliche Bildung aus evangelischer Perspektive hat nicht Funktion, sondern sie hat Bedeutung. Frühkindliche Bildung aus evangelischer Perspektive hat nicht Zweck, sondern sie hat Wert“, fasste der Vorsitzende, Norbert Göttker, am Ende der beiden Sitzungstage das Selbstverständnis des Verbandes zusammen. Der BeA, ein Fachverband innerhalb der Diakonie Deutschland, ist die Interessenvertretung der evangelischen Fachschulen für Sozialpädagogik auf Bundesebene. Weitere Informationen finden sich unter: www.beaonline.de.

Randnotiz: Parteipolitische Verengung im ZdK

Einzelpersönlichkeiten hätten es bei der Wahl ins Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mittlerweile schwer, meint Daniel Deckers in der F.A.Z. vom 19. November 2016. Eine Ursache mag darin liegen, das sich das ZdK immer deutlicher als Sprachrohr des linksliberalen Mainstreams zeigt. Schon der Jubiläumskatholikentag von Leipzig verweigerte von vornherein den Diskurs über politische Alternativen und diskreditierte sich damit selbst. Diese Diskursverengung mag dazu beitragen dass schon Teile der F.D.P. aus dem politischen Rahmen fallen, den die Verbandsfunktionäre noch als zulässig erachten. Wer die christliche Botschaft parteipolitisch verengt, schadet am Ende sich selbst. Zum einen verliert das ZdK an Gewicht, wenn der Eindruck entsteht, es vertrete nicht mehr die gesamte Breite des Laienkatholizismus. Zum anderen verliert der innerkirchliche Diskurs an geistiger Vitalität, wenn er parteipolitisch verengt wird. Vermutlich wird das ZdK konservative oder freiheitliche Positionen auf Dauer nicht gänzlich aussperren können und – wie einstens bei den Grünen (Deckers erinnert in seinem Beitrag daran) – auch bei der AfD irgendwann zurückrudern.

Tag der Freien Schulen Baden-Württemberg am 25. November 2016

Den heutigen 25. November 2016 hat die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen in Baden-Württemberg erneut zum „Tag der Freien Schulen“ ausgerufen. Die Trägerverbünde der Freien Schulen möchten mit diesem Tag auf die Vielfalt und Innovationskraft, die von der Arbeit der Freien Schulen ausgeht, aufmerksam machen. Die Freien Schulen sind wichtiger und etablierter Bestandteil der baden-württembergischen Schullandschaft und bereichern diese auf vielfache Weise durch alternative Lern- und Lehrkonzepte. Die Besuche in den Freien Schulen ermöglichen den Landespolitikern nicht nur, deren Schulalltag kennen zu lernen, sie können sich darüber hinaus auch über neue Konzepte und Ideen informieren, mit denen die Freien Schulen den Herausforderungen begegnen, die Gesellschaft und Bildungspolitik an die Schulen stellen.

Anlässlich des „Tages der Freien Schulen“ konnte Gesamtschulleiter PD Dr. Axel Bernd Kunze Herrn Claus Paal, den örtlichen Landtagsabgeordneten aus Weinstadt, an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik Weinstadt begrüßen. In einem Hintergrundgespräch mit der Schulleitung und der Fachschaft Gemeinschaftskunde informierte er sich über Ausbildungsmöglichkeiten, Fortbildungsangebote und Schwerpunkte der Schulentwicklung. Beide Seiten waren sich darin einig, dass die Freien Schulen in Baden-Württemberg verlässliche finanzielle und personalpolitische Rahmenbedingungen benötigen. Beeindruckt zeigte sich der Arbeits- und Wirtschaftspolitiker nicht zuletzt von der hohen Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der Ausbildungsmöglichkeiten, welche die Fachschule anbietet: Die Bandbreite reicht von der Kinderpflegeausbildung für Bewerber mit Hauptschulabschluss über die Erzieherausbildung für Realschüler und Gymnasiasten bis zum Erwerb eines Bachelorabschluss im Integrierten Studienmodell, das die Schule künftig mit der Evangelischen und Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg anbieten wird. Vereinbart wurde eine Zusammenarbeit mit der neugegründeten „Forscherfabrik Schorndorf“. Dadurch kann nicht zuletzt der Profilbereich „Forschen und Experimentieren“ weiter gestärkt werden.

In der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Baden-Württemberg (AGFS) arbeiten Verbände von Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft (Privatschulen) zusammen. Die AGFS vertritt rund sechshundertvierzig allgemein und berufsbildende Ersatzschulen – einschließlich Sonderschulen – mit rund hundertzwanzigtausend Schülern. Hinzu kommen rund fünfhundert Ergänzungsschulen, die keine staatliche Entsprechung haben. Die AGFS bündelt die Interessen aller privaten Bildungseinrichtungen – sie erarbeitet Grundsätze und Ziele für das freie Bildungswesen und ist Ansprechpartnerin für Politik, Regierung und Schulaufsicht. Sie setzt sich für ein vielfältiges Schulwesen, größtmöglichen Gestaltungsspielraum und für gleiche finanzielle Rahmenbedingungen für die Privatschulen ein. Schulen in freier und staatlicher Trägerschaft bilden das öffentliche Bildungswesen.

Tagungsbericht: Forum Sozialethik 2016

Im aktuellen Heft 4/2016 der internationalen Zeitschrift für Christliche Sozialethik AMOSinternational ist ein Tagungsbericht zum diesjährigen „Forum Sozialethik“ erschienen. Die jungen Sozialethikerinnen und Sozialethiker diskutierten Anfang September in der Katholischen Akademie in Schwerte zu den Themen „Flucht – Zuwanderung – Integration“. Leider werden im Tagungsbericht kontroverse Streitfragen stark geglättet. Die bekannten gesellschaftlichen Kontroversen zur gegenwärtigen Migrationspolitik waren im Rahmen des Forums durchaus stärker spürbar:

http://www.kommende-dortmund.de/kommende_dortmund/medien/1859/original/71/amos_16-4-S52-54-Tagungsbericht.pdf

Der Beitrag des Weblogverfassers zu den Chancen und Grenzen schulischer Integration wurde im September in diesem Weblog veröffentlicht:

https://bildungsethik.wordpress.com/2016/09/07/vortrag-chancen-und-grenzen-schulischer-integration/

Neuerscheinung: Globales Lernen in der Elementarbildung

Ein neuer Beitrag für das Onlinenachschlagewerk „Das Kita-Handbuch“ beschäftigt sich mit Globalem Lernen in der Elementarbildung. Der Verfasser fragt:

  1. Wie lässt sich die Beschäftigung mit globalen Fragen in der Sozialpädagogik begründen?
  2. Inwiefern ist Globalisierung ein Bildungsthema?
  3. Welche Chancen und Grenzen stellen sich beim Globalen Lernen?
  4. Was bedeuten globale Fragestellungen für das Selbstverständnis der Elementarbildung?
  5. Wie lässt sich Globales Lernen im Kindergarten konkret realisieren?

Axel Bernd Kunze: Globales Lernen als Auftrag an die Elementarbildung, in: Martin R. Textor (Hg.): Das Kita-Handbuch, online unter: http://www.kindergartenpaedagogik.de/1789.html

Bildungspolitik: Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der Erzieherausbildung

Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der Erzieherausbildung sind in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen, gerade auch im Hinblick auf Möglichkeiten der akademischen Weiterqualifizierung (die folgende Darstellung berücksichtigt vor allem die Situation in Baden-Württemberg).

Die an der Fachschule für Sozialpädagogik im Rahmen der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher erworbene Qualifikation entspricht im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR)  der Niveaustufe 6, das Kompetenzniveau am Ende der Ausbildungist damit einem Bachelorabschluss vergleichbar

Im Rahmen der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher ist es möglich, die allgemeine Fachhochschulreife erwerben. Schüler und Schülerinnen, die sich dazu entschließen, erhalten nach dem erfolgreichen Bestehen der Prüfung am Ende der schulischen Ausbildung ein „Zeugnis der Fachhochschulreife“, das ihnen die allgemeine Fachhochschulreife vermittelt. Mit dieser ist die Studienberechtigung nicht auf eine bestimmte Fachrichtung beschränkt. Das Zeugnis der Fachhochschulreife entspricht der Rahmenvereinbarung über Fachschulen der Kultusministerkonferenz vom 07. November 2002, derzeit in der Fassung vom 12. Dezember 2013.

Mit dem Erwerb der Fachhochschulreife stehen Erzieherinnen und Erziehern zahlreiche akademische Anschlussmöglichkeiten und Studiengänge offen:

So können sie mit der Fachhochschulreife grundsätzlich an einer Fachhochschule aufgenommen werden. Auch das Studium der Kindheitspädagogik an einer Pädagogischen Hochschule ist möglich. Über zusätzlich zu erbringende Voraussetzungen (z. B. Praktika, Aufnahmeprüfungen) informieren die Zulassungsstellen der Hochschulen.

Baden-Württemberg bietet mit der sogenannten zentralen, fachunabhängigen Deltaprüfung mittlerweile auch Schülerinnen und Schülern mit Fachhochschulreife die Möglichkeit, sich um einen Studienplatz zu bewerben, für den normalerweise das Abitur notwendig ist. Die Prüfung wurde so benannt, weil sie ermöglicht, das „Delta“ zwischen dem eigenen Schulabschluss und einem möglichen Wunschstudium zu schließen. Für Erzieherinnen und Erzieher mit Fachhochschulreife bietet dies zusätzliche interessante Anschlussmöglichkeiten in universitären Studiengängen (z. B. in einem Studium für das Lehramt).

In einigen Bundesländern können staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher mit Fachhochschulreife unter bestimmten Umständen auch ein Bachelorstudium an einer Universität aufnehmen.

In Baden-Württemberg stehen gegenwärtig an neun Hochschulen Bachelorstudiengänge der Frühen Kindheit zur Verfügung.

Ein Studium der (Frühen) Kindheit oder der Frühkindlichen Bildung und Erziehung kann als Möglichkeit der Weiterbildung und des beruflichen Aufstiegs für Leitungsfunktionen oder für eine Aufgabe als Fachberaterin/Fachberater genutzt werden.

Die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik kann mit bis zu 60 Credits auf ein Bachelorstudium der Frühen Kindheit angerechnet werden. Dies entspricht einer Studienzeitverkürzung um ein Drittel bzw. zwei Semester.

Die evangelischen Fachschulen in Württemberg bieten überdies die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Integrierten Studienmodell, das in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg angeboten wird. Wissenschaftspropädeutische Lehrveran­staltungen im Oberkurs bereiten bereits während ihrer schulischen Ausbildung auf das Studium vor. Während des Berufspraktikums arbeiten die Studierenden vier Tage in ihrer Praktikumseinrichtung, daneben sind sie bereits an der Hochschule immatrikuliert und absolvieren einen Studientag pro Woche. Auf diese Weise benötigen sie im Anschluss an die Verleihung der staatlichen Anerkennung zur Erzieherin/zum Erzieher, mit der das Berufspraktikum abschließt, nur noch drei Vollzeitsemester an der Hochschule bis zum Bachelor.

Die Katholische Hochschule Freiburg bietet gleichfalls eine Kooperation mit Fachschulen an. Dort steht für Absolventen kooperierender Schulen der Bachelorstudiengang Pädagogik offen, bei dem gleichfalls bis zu 60 Credits angerechnet werden können. Die Inhalte reichen von der Elementarbildung bis zur Erwachsenenbildung.

Nach dem erfolgreichen Erwerb eines Bachelorabschlusses (BA) kann das Studium in einem Masterstudiengang fortgesetzt werden. Ein Masterabschluss (MA) eröffnet Berufsaussichten im Höheren Dienst oder auch die Möglichkeit zur Promotion. Die Zugangsregelungen können sich zwischen einzelnen Bundesländern und Hochschulen unterscheiden; hierüber informiert die Zulassungsstelle der jeweiligen Hochschule.

Mit dem erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule erwerben Studenten in der Regel eine der allgemeinen Hochschulreife entsprechende Qualifikation, sodass sie von der Fachhochschule in einen verwandten universitären Studiengang wechseln können. Dabei ist die Anrechnung von bis zu 60 Credits während der ersten zwei Fachsemester an der Universität möglich. Teilweise bestehen für den Wechsel von der Fachhochschule zur Universität in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Regelungen.

Auch wer während der Erzieherausbildung keine Fachhochschulreife erworben hat, kann heute an zahlreichen Hochschulen als beruflich Qualifizierter unter bestimmten Voraussetzungen ein Studium aufnehmen. Vorausgesetzt wird in der Regel eine mindestens dreijährige Berufserfahrung.

Tagungsbericht: „Sorge für das gemeinsame Haus“

„Es ist unsere bescheidene Überzeugung, dass das Göttliche und das Menschliche einander begegnen in den kleinsten Details des nahtlosen Gewandes der Schöpfung Gottes, sorg im winzigsten Staubkorn unseres Planeten.“

(Papst Franziskus in seiner Umweltenzyklika „Laudato si'“)

„Ökologische Erziehung kann zwar keine Forderungen durchsetzen, aber alle befähigen und motivieren, sich zu engagieren. Ziel ist, den SchülerInnen ein ganzheitliches Weltbild und ökologische Urteilsfähigkeit zu vermitteln. So kann man auf Basis ökologischer Güterabwägung ethische Handlungsmöglichkeiten entwickeln, […] die Fesseln der Globalisierung abstreifen und dem Primat der instrumentellen, technischen Rationalität sinnvoll begegnen. Am Institut Dr. Flad wird bereits seit Jahrzehnten mit vielen Lerneinheiten und Vorträgen das von Franziskus postulierte Fundament für ganzheitlich ökologisches Denken und Handeln gelegt. Der Vortrag von Dr. Axel Bernd Kunze war somit ein Glied in einer Veranstaltungs-Reihe zu ökologischer Erziehung mit ethisch-christlichem Verantwortungsbewusstsein.“

(Auszug aus dem Vortragsbericht in der Zeitschrift „Der Benzolring. Informationen aus dem Institut Dr. Flad Stuttgart“, 37. Jg., Nr. 2/2016)

Der aktuelle „Benzolring“, der Informationsdienst des renommierten Instituts Dr. Flad in Stuttgart, erinnert in diesem Herbst an eine Gastvorlesung, die im Mai dieses Jahres stattfand: „Was kann ökologische Erziehung leisten?“, fragte Axel Bernd Kunze, Gesamtschulleiter der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Weinstadt sowie Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Universität Bonn, anlässlich des Erscheinens der ersten päpstlichen Umweltenzyklika „Laudato si'“. Wie der Vortrag deutlich machte, lohnt es sich, die Enzyklika nicht allein aus theologischer, ethischer oder naturwissenschaftlicher, sondern gerade auch pädagogischer Perspektive zu lesen. Denn Papst Franziskus räumt der Erziehung zu ökologischem Denken und Handeln mehr als nur eine Nebenrolle ein.

Den vollständigen Tagungsbericht können Sie in der Onlineausgabe des „Benzolrings“ lesen: http://www.chf.de/benzolring/benzolring201602.pdf

Neuerscheinung: Kritik am Kompetenztaumel

Ende Oktober 2016 erscheint ein neuer Band, der im Umkreis der Gesellschaft für Bildung und Wissen entstanden ist:
Hans Peter Klein: Vom Streifenhörnchen zum Nadelstreifen. Das deutsche Bildungswesen im Kompetenztaumel, Springe a. D.: zu Klampen 2016.

Deutschlands Schüler werden immer schlauer. Jahr für Jahr steigt die Abiturientenquote und die Anzahl der Absolventen mit Bestnoten. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Wirscheinen uns in einer Phase der beschleunigten Evolution von Intelligenz zu befinden. Wie konnte es dazu kommen? Der Bildungsforscher Hans Peter Klein hat über Jahre die Anforderungen für das Abitur in verschiedenen Bundesländern unter die Lupe genommen. Ein Versuch, den er in diesem Rahmen durchführte, sorgte landesweit für Schlagzeilen: Den Schülern einer neunten Klasse legte er die Abituraufgaben im Fach Biologie vor, und die scheiterten nicht, sondern konnten sie erfolgreich lösen. Sie mussten lediglich die in einem Text enthaltenen Informationen richtig wiedergeben. Wenn nur noch »Kompetenzen«, keine auf selbständigem Denken basierenden Erkenntnisse eingefordert werden, können schulische Leistungen zwar scheinbar exponentiell steigen, aber um den Preis, dass die Schüler nur noch für ihr späteres Berufsleben zugerichtet werden. Hans Peter Klein stellt die Absurditäten der Bildungsreformen seit PISA und Bologna bloß und beschreibt Szenarien, die sich zuweilen wie Satire lesen, jedoch bittere Realität sind – mit einschneidenden Konsequenzen für den Bildungs-, Wissenschafts- und Wirtschaftstandort Deutschland.

Hans Peter Klein unterrichtete viele Jahre als Gymnasiallehrer und wurde 2001 auf den Lehrstuhl für Didaktik der Biowissenschaften an der Goethe Universität Frankfurt am Main berufen. Er ist Präsident der Gesellschaft für Didaktik der Biowissenschaften, Mitbegründer der Gesellschaft für Bildung und Wissen und Mitglied der Bildungskommission der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. 2011/2012 war er als Gastprofessor am College of New Jersey in den USA tätig.
(aus der Verlagsinformation)