Kaiser Wilhelm II. erhob die Münsteraner Akademie 1902 durch eine Kabinettsordre zur Universität. Seit 1907 trägt sie deshalb den Namen ihres Gründers: Westfälische Wilhelms-Universität zu Münster. Nach Greifswald (Ernst-Moritz-Arndt-Universität) oder Tübingen (Eberhard-Karls-Universität) ist jetzt auch in Münster ein Namensstreit ausgebrochen: Taugt der Hohenzollernkaiser weiterhin als Namensgeber? Diesen Streit zu klären, hat die Universität ein Projekt ins Leben gerufen – mit dem Titel: Zur Sache WWU. Durch Veranstaltungen, Diskussionsforen und wissenschaftliche Recherche, begleitet von einem Wissenschaftlichen Beirat, soll geklärt werden, wie die Universität künftig heißen soll. Das Projekt kann öffentlich kommentiert werden. Erste Kommentare sind mittlerweile online. Axel Bernd Kunze, selber Absolvent der Universität Münster, schreibt:
„Es ist ein guter Brauch, Universitäten nach ihren Gründern zu benennen. Damit ist kein Werturteil über das gesamte Wirken einer Person verbunden. Wer sich zu seiner Geschichte und Tradition bekennt, weiß auch um deren Bedingtheit. Jede historische Persönlichkeit hat Licht und Schatten. Auch wir wissen nicht, wie künftige Generationen einmal über unsere Zeit und ihre Akteure urteilen werden. Die Geschichte hingegen beckmesserisch an heutigen Überzeugungen messen zu wollen, ist geistige Bilderstürmerei, moralisierend und anmaßend – und ein hermeneutisches Armutszeugnis für eine Universität. Wer Namen aus dem öffentlichen Bewusstsein und aus dem öffenltichen Raum tilgen will, untergräbt die Fundamente unseres kulturellen Zusammenlebens. Wo identitätsstiftende Merkmale kollektiver Selbstvergewisserung (und dazu gehört auch die Erinnerung an den ersten deutschen Nationalstaat, das Kaiserreich) abgeräumt werden, gewinnt die orientierende Funktion alltäglicher Konvention und versteckter politischer Vorgaben an Einfluss – und in der Folge eine daraus abgeleitete, aber nur unzureichend reflektierte Moral.“