Rezension: Bernhard Grün würdigt den Band „Wiederentdeckung des Staates in der Theologie“

In Heft 3/2020 der Zeitschrift für Erziehung und Schule „engagement“ würdigt der bekannte Studentenhistoriker und Publizist Bernhard Grün den Band:

Alexander Dietz, Jan Dochhorn, Axel Bernd Kunze, Ludger Schwienhorst-Schönberger (2020): Wiederentdeckung des Staates in der Theologie, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 258 Seiten.

Ein Auszug aus der Rezension:

Im ersten seiner beiden bildungsethischen Beiträge „Wird der Rechtsstaat noch verstanden?“ tritt Axel Bernd Kunze als Pädagoge für die Einführung eines Fachs Rechtskunde ein. Schule als Raum der Erziehung zur Freiheit unter dem Verbot der Vereinnahmung für Sonderinteressen: „Nicht ist es Aufgabe des Staates, das Glück der Menschheit herbeizuführen, und nicht es daher seine Aufgabe, neue Menschen zu erschaffen“ (Joseph Ratzinger). Die Volks-, Kultur- und Willensnation als natürlicher Bezugsrahmen dürfe keinesfalls übergangen werden, denn: „Die Freiheitsbewegung des 19. Jahrhunderts wusste, wie das ‚Lied der Deutschen‘ aus der Feder Hoffmanns von Fallersleben zeigt, um den Zusammenhang von Einigkeit und Recht und Freiheit.“ Die egalitäre „Zivilgesellschaft“ sei nicht in der Lage, den Menschen in seiner Komplexizität, die sich auch in gemeinsamer Herkunft, Sprache, Kultur und Werten manifestiere, abzubilden. Er kritisiert die Überfrachtung von Politik am Beispiel naiver Hilfsphantasien des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bedford-Strohm, und migrationspolitischer Appelle der Deutschen Ordensobernkonferenz. Christliche Politik müsse vor falscher Moralität warnen, Verhältnismäßigkeit wahren, statt Alternativlosigkeit predigen. In der Frage „Woraus lebt ein Gemeinwesen“ setzt er sich abschließend mit der staatlichen Neutralitätspflicht auseinander und stellt fest, dass dem Staat letzte Fragen entzogen seien: „Das Kreuz in öffentlichen Gebäuden markiert jene ‚Leerstelle‘, die der freiheitliche Rechts- und Verfassungsstaat nicht selbst füllen kann, will er nicht übergriffig werden.“

Europa wird in Zukunft nur unter Fortentwicklung der Nationalstaaten sein, oder es wird nicht sein –sie allein garantieren die Vielfalt seiner Kulturräume und werden einen europäischen Superstaat als Gegengewicht wirksam kontrollieren  – Föderalismus statt Zentralismus. Besorgt äußern die Autoren  Hoffnung auf einen Dialog, in dem nicht „manche in politischen Diskursen vertretene moralische Überzeugung als eine Stigmatisierung anderer Positionen“ verstanden, sondern die „demokratische Auseinandersetzung“ gesucht wird.

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