Zwischenruf: Ist Gendersprache politisch noch aufzuhalten?

Können Volksbegehren gegen das sprachliche Gendern wie in Hamburg und Baden-Württemberg erfolgreich sein? Die Mehrheit wäre grundsätzlich wohl da. Aber ich bleiben dennoch skeptisch. Allzu tief ist die Gendersprache schon in öffentlichen Institutionen, insbesondere in Schulen und Hochschulen, verankert. Hier wird vielfach mit ethischen Hochglanzbegriffen gearbeitet, die schon von vornherein die Debatte lenken. Wer anders denkt und spricht, ist ungerecht, diskriminierend, ausgrenzend, nichtinklusiv … Oder anders gesagt: Wer will auch schon gegen Gerechtigkeit oder Diskriminierungsverbote sein!? Mehr „Differenzierungsfähigkeit“ findet sich leider oft noch nicht einmal Beiträgen der wissenschaftlichen Sozialethik. Selbst wenn solche Volksbegehren am Ende erfolgreich sein werden, befürchte ich, wird man sich politisch andere Wege suchen, das sprachliche Gendern durchzusetzen.

Eine faire und ergebnisoffene ist in unserem Land immer weniger möglich und gewünscht, nicht nur an den Hochschulen. „Gender“ ist als Querschnittsaufgabe längst in den Bildungsplänen der Schulen verankert. Die Querschnittsaufgaben sind Prüfungsstoff und sollen in der Schulgemeinde gelebt werden. Zum einen weiß ich nicht, wie ich „Gender“ und weitere Querschnittsaufgaben leben soll. Ich dachte, es handele sich hier um eine Analysekategorie, ein Deutungsangebot, eine Theorie oder wie auch immer. Darüber kann man in einer Bildungseinrichtung reflektieren und diskutieren – aber das ist nicht mehr vorgesehen. Es geht darum, „einfach zu machen“.

Zum anderen sollte das Gelernte im Bildungsprozess eigenständig von den Lernenden gewertet werden, die dann eigene Schlüsse für ihr Handeln ziehen sollten. Aber auch das ist nicht mehr vorgesehen. Das übernehmen jetzt für uns Bildungsplankommissionen, Hochschul- und Kultusverwaltungen und andere staatliche oder halbstaatliche Akteure. Der selbstdenkende Staatsbürger hat ausgedient. Die Welt wird schöner, wenn alle im Gleichschritt denken. Demokratie heißt Anpassung an den offiziellen Mainstream, der immer rücksichtsloser, schonungsloser und repressiver durchgsetzt wird. Mich erinnert das an eine Marxismus-Leninismus-Doktrin, die in Schule und Hochschule vor alle Klammern gesetzt wird und der nicht widersprochen werden darf. Vielleicht mit dem Unterschied, dass die Genderdoktrin noch nicht so erstarrt ist, sondern von zu vielen bereitwilligst umgesetzt wird – zum Schaden der Freiheit.

Aber ich lasse mich gern eines anderen belehren, dass unser Land doch noch lernt und die Freiheit liebt.

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