Schlaglicht: Gender – eine Kulturnation macht sich zum Affen, und das ZdK verliert den Anstand

„… die Machenschaften einer kleinen Clique entschlossener Genderideologen“ – so Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS) in der aktuellen „Tagespost“ – haben „inzwischen eine ganze Kulturnation zum Affen gemacht. […] Die öffentliche Erleichterung ist mit den Händen zu greifen, dass endlich einmal ein tonangebender Politiker den Mut aufbringt, die Meinung der Wahlbürger ernst zu nehmen und  die übliche Verbeugung vor dem Gesslerhut der vermeintlichen politischen Korrektheit zu verweigern.“ Ja, wir sind Zeitzeugen anschwellender Kulturkämpfe. Bei Friedrich Schiller wagten die Freunde der Freiheit beim Rütlischwur einen Neuanfang, indem sie zunächst zum Naturrecht zurückkehrten – und eine neue Gemeinschaft der Freien schufen.

Doch gerade um das Verständnis von Natur wogt der Streit. Wer nicht gendert, erkenne Gottes gute Schöpfung nicht an – so das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das wohl immer noch meint, die Alleinvertretung aller katholischen Laien für sich beanspruchen zu können. In die Erleichterung dieser Tage mischt sich für die Freunde der deutschen Sprache sogleich wieder Ärger. Wie schrieb ein Kommentator über das ZdK: „Man muß wohl schon ganz schön viel Messwein gesoffen haben, um sich als christliche Kirche so einen ideologischen und glaubensfernen Schwachsinn aus den Rippen zu schnitzen. Vermutlich war sogar Schnaps im Spiel; und wer den gemacht hat, dürfte ja allgemein bekannt sein.“ Nein, es ist noch schlimmer: Die Mehrheit derjenigen, die dem Antrag A4NEU „Geschlechtervielfalt in Wort und Schrift“ angenommen haben, sind Akademiker. Freiheit scheint für diese aber ein Fremdwort zu sein. Im schönen neuen Bologna- und Lissabonraum, der ja angeblich der größte Wissensraum der Welt sein soll, wird Fachlichkeit immer offener durch Ideologie ersetzt – und die Kirchen, die es eigentlich besser wissen sollten, sind nicht nur mittendrin, sondern an der Spitze dabei.

Ich frage mich: Wenn unsere westlichen Gesellschaften immer partizipativer, inklusiver, vielfältiger, gleicher, gerechter, bunter, lebenswerter, teilhabeorientierter, gendergerechter und so fort werden, warum ist dann die politische Stimmung so schlecht!? Offenbar führt alle pseudoakademische, pseudoliberale Gesellschaftsumwälzung am Ende doch nicht zu mehr Lebensqualität. Auch ein neues grün-schwarzes Vielfaltsministerium wird daran nichts ändern, im Gegenteil. Ein Antrag wie im ZdK, der nicht nur das Gendersternchen propagiert (was für sich genommen schon ein Frevel am Kulturgut unserer deutschen Sprache ist), sondern auch noch die Aussprache von Menschen normiert, ist nicht christlich, schöpfungsgemäß, liberal, gerecht, inklusiv oder entdiskriminierend, sondern totalitär, anmaßend und menschenverachtend. Und was passiert, wenn sich ein Redner im ZdK-Hoheitsbereich nicht an den Beschluss hält? Wird er dann aus dem katholischen Mustergarten Eden mit Schimpf und Schande vertrieben?

Ich weiß nicht, wie ein solcher Beschluss unter einem Präsidenten mit CDU-Parteibuch, der sich noch Kulturpolitiker nennt, unhinterfragt zur Abstimmung gestellt werden konnte. Hier bekommt das Wort „Zentralkomitee“ ganz ungewollt noch einmal eine ganz andere Konnotation. Ich wäre an seiner Stelle nach einem solchen Beschluss zurückgetreten – wo Menschen ihre eigene Muttersprache nicht mehr ungezwungen und angstfrei gebrauchen dürfen, sollte im liberalen Rechts- und Verfassungsstaat eine rote Linie überschritten sein. 

Das Traurige ist, dass es bei dieser Debatte nicht allein um die Schönheit der Sprache oder den Zusammenhalt unserer Kulturnation geht. Nein, das ZdK braucht offenbar eine Alphabetisierung in grundlegenden ethischen Prinzipien, in Freiheitsliebe und schlicht in menschlichem Anstand.

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