Weihnachtsgruß: Zehn Jahre „Bildungsethik“

Rogier van der Weyden: Heimsuchung, um 1435

Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.

(Lk 1, 42 – 45)

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

am 1. Januar, dem Oktavtag von Weihnachten, feiert die Kirche das Hochfest der Gottesmutter Maria; am 6. Januar 2026, dem Hochfest der Erscheinung des Herrn, geht das Heilige Jahr zu Ende. Dieses stand unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“.

Maria kann sich ewiger, vollkommener Glückseligkeit erfreuen: nicht allein, weil sie die leiblicheMutter Jesu ist. Nein, vielmehr weil sie voll und ganz auf Gottes Wort vertraut hat. Lukas macht dies immer wieder in seinem Evangelium und seiner Apostelgeschichte deutlich: Im Vertrauen auf Gottes Wort konnte sie bei der Verkündigung Ja sagen zu Gottes Plan. Von Anfang an, seit der Geburt Jesu, bewahrte sie alles, was sie gehört und erlebt hatte, in ihrem Herzen und sann darüber nach. Nach der Auferstehung ihres Sohnes wird sie zum Mittelpunkt der jungen Gemeinde. Die verängstigten Jünger sammeln sich um sie und bitten um den zugesagten Beistand. In Marias Geschichte bestätigt sich der Lobpreis Elisabeths, als sie von Maria besucht wird: „Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.“ Maria ist das Gegenbild zu den Skeptikern, die Jesu Vollmacht anzweifeln. Ihre wahre Ehre liegt darin, dass sie Hörerin des Wortes Gottes ist. Entscheidend für das Gelingen unseres Lebens ist nicht eine irdische Rolle, sondern die gläubige Existenz vor Gott.

Und gerade deshalb kann Maria für uns alle das große Hoffnungszeichen sein, gerade auch in diesem Heiligen Jahr, das unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“ steht und am 6. Januar zu Ende geht. Die besondere Mutterschaft Mariens könnten wir nicht nachahmen. Aber alle Gläubigen sind Hörer des Wortes Gottes. Hierin wurzelt unsere Berufung zu himmlischer Glückseligkeit. Was an Maria geschehen ist, dürfen auch wir erhoffen: Wir werden in ewiger Vollendung Gott voll und ganz schauen dürfen, mit Leib und Seele.

BILDUNGSETHIK wurde in diesem Jahr zehn Jahre alt. Ich freue mich über Ihr Interesse an bildungsethischen Fragestellungen und Themen. Grund genug, an diesem Weihnachtsfest in besonderer Weise hierfür Dank zu sagen. Meinen Weihnaschtsgruß verbinde ich mit einem herzlichen Dank für alle Verbundenheit und alle Unterstützung, für alle bildungsethische Diskussion und alle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten.

Zehn Jahre BILDUNGSETHIK: Viel hat sich in diesen zehn Jahren verändert. Bildungsfragen haben in der sozialethischen Debatte an Bedeutung verloren, andere Themen sind in den Vordergrund getreten, insbesondere migrations- und pflegeethische Fragen. Viele Erwartungen, die nach den ersten PISA-Studien mit dem neuen bildungsethischen Diskurs verbunden wurden, haben sich nicht erfüllt. Und doch: Ein leistungsfähiger, produktiver, vitaler Kulturstaat bleibt auf Bildung unverzichtbar angewiesen, wobei Schule allerdings nicht Probleme lösen kann, die außerhalb von ihr erzeugt werden. Dies bedeutet: Bildungsethik muss Bildungsthemen in ihrem sozialethtischen Zusammenhang, im gesellschaftlichen Rahmen betrachten, darf dabei aber die genuin pädagogische Perspektive nicht aus dem Blick verlieren.

Diesem Anspruch wird BILDUNGSETHIK auch künftig verpflichtet bleiben. Und ich freue mich, wenn Sie die bildungsethische Debatte weiterhin engagiert verfolgen – herzlichen Dank! In diesem Sinne: Ad multos annos.

Gesegnete Weihnachten, erholsame Feiertage sowie Gottes Schutz und Geleit im neuen Jahr

wünscht von Herzen

Ihr Axel Bernd Kunze

13. Dezember: Fest der heiligen Lucia von Syrakus

Heilige Luzia, du Braut des Herrn! Weil du standhaft bliebst, hast du das Leben gewonnen. Den Reichtum dieser Welt hast du verachtet und durch dein Blut den Feind besiegt. Nun strahlt dein Licht inmitten der Engel.

(aus der Stundenliturgie am Gedanktag der heiligen Luzia)

Domenico Beccafumi (1486 – 1551): Die hl. Lucia.

Das Fest der hl. Luzia, übersetzt „die Leuchtende“, ist durch den skandinavischen Brauch des Lichttragens bekannt. Luzia kündigt kurz vor der Wintersonnenwende und vor Weihnachten das Licht an, das mit Christus in die Welt gekommen ist.

Papst Leo XIV.: Neuer Schutzpatron

Am Hochfest Allerheiligen, 1. November 2025, das in diesem Heiligen Jahr mit dem Jubiläum der Bildung zusammenfiel, hat Papst Leo XIV. den englischen Theologen und Kardinal John Henry Newman zum Kirchenlehrer und gleichzeitig – neben Thomas von Aquin – zum Mitpatron des katholischen Bildungswesens erhoben.

In seiner Predigt sagte Papst Leo XIV.: „Das Leben wird nicht dadurch hell, dass wir reich, schön oder mächtig sind. Es wird hell, wenn einer in sich diese Wahrheit entdeckt: Ich bin von Gott gerufen, ich habe eine Berufung, ich habe eine Mission, mein Leben dient etwas, das größer ist als ich! Jedes einzelne Geschöpf hat eine Rolle zu übernehmen. Der Beitrag, den ein jeder zu bieten hat, ist von einzigartigem Wert, und die Aufgabe der Bildungsgemeinschaften besteht darin, diesen Beitrag zu fördern und zur Geltung zu bringen.“

Erntedank

Das Erntejahr neigt sich dem Ende zu. Die Erntegaben vor dem Altar zeigen uns an: Wir feiern Erntedank. Wir leben nicht allein aus eigener Kraft. Wir leben von den Gaben, die der Schöpfer uns immer wieder schenkt. „Denn er gibt euch Nahrung, wie es recht ist“, sagt uns heute der Prophet Joel. Er erinnert damit an Gottes Treue, auf die wir setzen dürfen. So danken wir heute Gott für die Früchte der Erde und für alle Früchte unserer Arbeit. Und wir bitten um seinen Segen und seine Gnade, damit er uns auch künftig gibt, was recht ist.

aus: Axel Bernd Kunze: Herz des Evangeliums [Lesejahr C. Erntedank], in: WortGottesFeiern an allen Sonn- und Feiertagen 22 (2025), H. 5, S. 859 – 873.

Tag der Deutschen Einheit

Allmächtiger Gott, du Lenker der Welt, deiner Macht ist alles unterworfen.

Wir bitten dich für unser Vaterland:

Gib den Männern und Frauen, die im öffentlichen Leben Verantwortung tragen,

Weisheit und Tatkraft.Gib allen Bürgern die rechte Gesinnung.

Lass Eintracht und Gerechtigkeit in unserem Lande herrschen und schenke uns allezeit Glück und Frieden.

Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.

Hl. Erzengel Michael, bitte für uns!

Hl. Bonifatius, Apostel der Deutschen, bitte für uns!

Hl. Petrus Kanisius, zweiter Apostel der Deutschen, bitte für uns!

Alle Heiligen und Seligen unseres Landes, bittet für uns!

Gesegnete Pfingsten

(Rabbula-Evangeliar, 586)

Liebe Leserinnen und Leser,

von Herzen wünsche ich Ihnen gesegnete und geistvolle Pfingsttage. Vielleicht können die nachfolgenden Gedanken ein paar Akzente für das kommende Fest setzen. Ich würde mich freuen.

Herzlichen Dank für Ihr Interesse an bildungsethischen Fragen und Ihre Verbundenheit.

Mit herzlichen Grüßen, Axel Bernd Kunze

Ut omnes unum sint. – Unter diesem Wahlspruch wurde die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz nach dem Zweiten Weltkrieg wiederbegründet. Alle sollen eins sein.

Alle sollen eins sein. – Karl Holzamer, Philosophieprofessor in Mainz und erster Intendant des ZDF, hat sich in seinen Lebenserinnerungen zu diesem Wahlspruch seiner Universität geäußert. Das Einssein, um das es hier gehe, so Holzamer, meine keine Gleichschaltung des Einzelnen und keine Uniformierung des Denkens – diese waren aus dem bei Gründung der Universität gerade zu Ende gegangenen Nationalsozialismus hinlänglich bekannt. Nein, es gehe um ein Einssein, das individuelle Haltungen weckt und stärkt. Holzamer wörtlich: „Mit dem Wunsch, dass alle ‚eins‘ sein sollten, […] sollten auch die geistigen Abwehrkräfte mobilisiert werden.“

Wenn sich die Universität seinerzeit einen Vers aus dem Johannesevangelium zum Wahlspruch nahm, wollte sie sich damit ganz bewusst zu den Orientierungswerten des Abendlandes und zum christlichen Menschenbild bekennen.

Und richtig – der Wahlspruch führt uns direkt hinein in die Sendung Jesu und das Lebensprinzip derer, die ihm folgen.

Alle sollen eins sein. – Die Einheit, von der hier die Rede ist, gründet nicht in einer abstrakten Ideologie oder einer bestimmten Weltanschauung. Sie gründet in einer lebendigen Beziehung zu einer Person, zu Jesus Christus. Ermöglicht wird diese Einheit durch die besondere Gottesbeziehung Jesu, durch sein Einssein mit dem Vater. Wenn wir Jesus folgen, werden wir in diese Gottesbeziehung Jesu hineingenommen: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein. Die Heilsbedeutung von Jesu Sterben und Auferstehen erweist sich in der Sammlung der zerstreuten Kinder Gottes.

Wer an Jesus glaubt, dem wird nicht ein Programm übergestülpt, sondern der wird in eine lebendige Beziehung hineingenommen. Wenn eine Beziehung glücken soll, gelingt dies nur, wenn wir uns mit unserer ganzen Persönlichkeit darauf einlassen und wenn wir als Persönlichkeit wahrgenommen und erkannt werden.

Alle sollen eins sein. – Wir wissen aber auch: Das Einssein unter uns Menschen ist nie selbstverständlich und einfach. Auch unter besten Freunden oder Menschen, die sich lieben, kann es Krisen und Unverständnis, Streit und Konflikt geben. Die Kraft zum Einssein, die Jesus für die Gemeinschaft der Glaubenden erbittet, wurzelt dann auch nicht in menschlicher Anstrengung. Noch das größte Bemühen des Menschen bleibt fragil und zerbrechlich. 

Kraft zum Einssein finden die Glaubenden nur, wenn sie sich am lebendigen Vorbild Jesu orientieren. Sein Einssein mit dem Vater wird zum Modell für das Einssein der Kirche.

Dabei besitzt die Lebenspraxis der Jünger und Jüngerinnen Jesu, die sich am neuen Gebot der Liebe orientiert, missionarische Wirkung. Die Welt soll glauben, dass Jesus vom Vater gesandt ist. Zeugen hierfür sind alle, die Jesus nachfolgen. Durch unser christliches Zeugnis, durch unser Christsein, das aus der Beziehung zu Jesus lebt, soll die Welt erkennen, dass der Sohn vom Vater gesandt ist.

Alle sollen eins sein in dir. – Das Einssein der Kirche ist noch nicht vollendet, bleibt ein Ziel. Der heutige Evangelienabschnitt schlägt eine Brücke zum Beginn des Johannesevangeliums: Dort wird Jesus als ewiges Wort des Vaters besungen, das in die Welt gekommen ist, damit wir seine Herrlichkeit schauen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater. Die Glaubenden sollen in die Beziehung Jesu zum Vater hineingenommen werden, damit sie seine Herrlichkeit in Fülle sehen – eine Herrlichkeit, die darin gründet, dass Jesus vom Urbeginn an von Gott geliebt ist.

Jesu Sendung besteht darin, Kunde gebracht zu haben vom Innersten Gottes – hierfür steht in biblischer Tradition der Name Gottes. Weil Jesus ganz eins ist mit dem Vater, zeigt sich an ihm, was noch niemand jemals gesehen hat.

Wer ist Gott für uns? Jesus hat uns diese Frage ins Herz gelegt. Und wir werden immer stärker Zugang zu Jesus, zu seiner Person und seinem Wirken finden, je mehr diese Frage ins uns brennt. Bis wir einmal die volle Herrlichkeit Gottes schauen dürfen.

Axel Bernd Kunze

(aus: WortGottesFeiern an allen Sonn- und Feiertagen, H. 3/2025, S. 469 ff.)