
Über diese Fragen diskutieren am 14. Oktober 2023 um 19.30 Uhr im Blauen Saal des Volkshauses Zürich auf Einladung der Akademie Freiheit Lebenswerk Michael Esfeld, Christian Kreiß und Stephan Rist.
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Die gegenwärtigen Debatten zu den Themen Covid, Klima, Energie, Digitalisierung, Gender, Erziehung, Nachhaltigkeit, Friedens- oder Geopolitik, drängen kritische Zeitgenossen zu folgender Frage: Warum legitimiert ein großer Teil von Wissenschaftlern die notorische Einseitigkeit, Scheinheiligkeit und Bruchstückhaftigkeit der Politiknarrative, anstatt diese kritisch zu hinterfragen?
Die drei Professoren auf dem Podium suchen nach Antworten auf diese wichtige Frage. Sie diskutieren folgende Thesen:
- Beim aktuellen Übergang von der Moderne zur Postmoderne erleben wir, dass Vernunft, Freiheit und Selbstbestimmung, als Mittel zur Machtbegrenzung in Rechtsstaat, Wirtschaft und Wissenschaft durch postmoderne Fremdbestimmung mittels «technischer und sozialer Ingenieurskunst» ersetzt werden sollen?
- Unter dem Diktum «trust and follow the science» werden dem öffentlichen und privaten Leben, willkürlich festgelegte, sogenannte «evidenzbasierte» Massnahmen aufgezwungen. Der postmoderne Staat wird so zur Schnellstrasse in den Totalitarismus.
- Der Ausweg ist die Aufklärung 2.0: Die Trennung und selbstbestimmte Neuorganisation von Rechtsstaat, Wirtschaft und Wissenschaft. Dadurch entstehen, ein stark abgespecktes, demokratisches Rechtsleben, das solidarisch-assoziative Wirtschaftsleben und das freie Geistesleben, das Wissenschaft, Erziehung, Medizin, Rechtsprechung, Medien und Kultur, umfasst.
- Über die Zusammenarbeit von demokratischem Rechtsleben, solidarischer Wirtschaft und freiem Geistesleben, können die grossen Probleme unserer Zeit, jenseits der Totalitarismen von Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus oder Faschismus, angegangen werden.
Michael Esfeld ist Professor für Wissenschaftsphilosophie der Universität Lausanne. Sein aktuelles Buch «Land ohne Mut – Eine Anleitung für die Rückkehr zu Wissenschaft und Rechtsordnung» ist Anlass des Podiums. Das Buch legt die Grundlage für das Aufdecken des Zusammenhangs von Wissenschaft, Totalitarismus und der Zerstörung einer freiheitlichen Rechtsordnung dar.
Christian Kreiß ist Professor für Wirtschaft an der Hochschule Aalen. In seinem Buch «Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft», schlüpft er in die Rolle des Mephisto, der in Goethes Faust nach Möglichkeiten der Zerstörung der Menschheit sucht. Der Buchautor kommt zum erstaunlichen Schluss, dass die heutige Ökonomie, das Ziel von Mephisto hervorragend bedient.
Stephan Rist ist emeritierter Professor für Geografie der Uni Bern. Seine Arbeiten über «Kritische Nachhaltigkeitsforschung» zeigen, dass wirkliche Nachhaltigkeit eine Zunahme von Freiheit, Selbstbestimmung und Spiritualisierung der Wissenschaft braucht. Andernfalls ist Nachhaltigkeit ein Herrschaftsinstrument, das den Wunsch der Menschen nach Umweltschutz missbraucht.
Stephan Rist erläutert das Anliegen des kommenden Podiums folgendermaßen:
„Es geht um eine Entflechtung der drei – jetzt total vermischten und sich gegenseitig phagozytierenden – Funktionsbereiche moderner Gesellschaften: Das Kultur- oder Geisteslebens (Wissenschaft, Bildung, Künste, Gesundheit, Medien, Rechtssprechung etc.), die Wirtschaft und das Rechtsleben oder Politik und Staat Die Entflechtung der drei Funktionsbereiche, ist die Grundlage für die Neuordnung der Beziehungen untereinander. Jeder der drei Bereiche organisiert sich selbst, also nicht mehr in Funktion der internen und externen Machtansprüche aus dem beiden Bereichen. Jeder Bereich entwickelt sich autonom und rund um einen spezifischen Grundwert der Aufklärung im Sinne der französischen Revolution.
Das Kultur- oder Geistesleben kümmert sich um freie Wissenschaften, Erziehung, Künste, Gesundheitsversorgung, Medienwesen, Richter etc. Hier steht im Zentrum die individuelle Freiheit als Grundlage zur Ausbildung von Wissen und Fähigkeiten, wie sie aus dem freien und selbstbestimmten Menschenwesen heraus entwickelt werden können. Die Selbstorganisation eines freien Geisteslebens und einer solidarisch-brüderlichen Wirtschaft erlaubt es schliesslich, den Staat oder das Rechtsleben auf das zu beschränken, wozu er am ehesten zu gebrauchen ist: den Schutz der Grundfreiheiten und Menschenrechte die wir – über demokratische Verfahren – festsetzen und von denen wir wollen, dass wir vor den entsprechenden Gesetzen alle gleich sind. Das Rechtsleben dreht sich also um den Grundwert der Gleichheit. Dieser gilt nur hier und nicht in der Wirtschaft oder im Kulturleben, denn dort sind die beiden anderen Grundwerte – Solidarität und Freiheit – am besten aufgehoben. Da das Geistesleben die individuelle Freiheit aller Menschen zum Ausdruck bringt und die Wirtschaft sich um die Deckung des Bedarfs (nicht der Maximierung desselben per se) kümmert, können die drei, so neugeordneten Funktionsbereiche – in der Summe – die Ideen von Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit, viel besser in eine dynamische und komplementäre Zusammenarbeit bringen, als dies im Kontext des aktuellen Totalitarismus möglich ist, der sich aus dem Überhandnehmen des politischen Szientismus in Wirtschaft und Politik, ergeben hat.“
Veranstaltet wird das Podium im Volkshaus Zürich von der Akademie Freiheit – Lebenswerk, der Fördergesellschaft Demokratie und Graswurzle.