Schlaglicht: Drohende Impfpflicht – auch eine Frage historischer Verantwortung

Deutschland will öffnen – zum Frühlingsanfang. Gleichzeitig geht die Debatte um eine Impfpflicht weiter, auch wenn etwa Teile der Union die Debatte runterzufahren versuchen und nur noch von einem Vorratsbeschluss sprechen wollen, der bei neuen Krankheitswellen scharf gestellt werden kann.

Gegen diese fortgesetzte Impfdebatte bleibt festzuhalten, auch wenn es dem Kanzler nicht in den Kopf will: Der Staat hat kein Recht, durch Impfzwang, faktische Impfnötigung oder gesetzliche Impfpflicht in den Körper des freien Subjekts einzugreifen, schon gar nicht bei Impfstoffen mit bedingter Notfallzulassung. Wer dagegen Widerspruch erhebt, tut dies aus gewichtigen Gründen: Denn es geht um die freie Entscheidungsfähigkeit des einzelnen Subjekts, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Schon die Masernimpfpflicht stellt eine deutliche Grenzüberschreitung des liberalen Rechts- und Verfassungsstaates dar. In der Coronadebatte sind die Dämme weiter gebrochen. Bereits die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe bleibt ein Menschenrechtsübergriff, zu dem ein Rechts- und Verfassungsstaat nicht berechtigt ist. Umso mehr gilt dies für eine allgemeine Impfpflicht. Wenn Politiker, wie beispielsweise der oberfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn, einerseits erklären, eine solche sei gegenwärtig nicht erforderlich, andererseits aber mit einem Vorratsbeschluss hierfür liebäugeln, zeigen sie damit, wes Geistes Kind sie sind.

Gesundheit ist wichtig. Aber sie ist dennoch kein Gut um dessen willen der Einzelne vom Staat technokratisch vermessen, gesteuert und digital registriert werden darf. Ein solches Menschenbild und Staatsverständnis verstoßen gegen die Wert-, Freiheits- und Grundrechtsordnung, um die wir in unserem Vaterland hart gekämpft haben und zu der wir uns auch aus historischer Verantwortung treu und fest bekennen sollten. Prinzipien in Sonntagsreden zu beschwören und bei Schönwetterpolitik vor sich her zu tragen oder diese in der Krise auch fest zu leben, sind zwei paar Dinge. Wir erleben in dieser Coronakrise allerdings, dass Entscheidungsträger – und nicht nur sie – reihenweise wie Dominosteine umkippen und grundlegende Wertüberzeugungen unserer rechtsstaatlichen Ordnung preisgeben – gleich, mit welchen konfessionellen, weltanschaulichen oder politischen Argumenten der Einzelne dies begründen mag.

Der Verweis auf kollektive Zwecke, etwa Schutzpflichten des Staates oder gesundheitspolitische Systemnotwendigkeiten, als Begründung für gravierende Eingriffe in die Selbstbestimmungsfähigkeit und die Freiheit des Einzelnen kommt meistens viel zu schnell. Solche Eingriffe wären, wenn überhaupt ethisch zulässig, sehr sorgfältig zu begründen. Doch je länger die Coronakrise anhielt, desto schlampiger wurden die Begründungen der Exekutive. So leichtfertig und so schnell dürfen Grundfreiheiten von Staats wegen nicht außer Kraft gesetzt werden, wenn wir am Ende nicht in einem autoritären Zwangsstaat aufwachen wollen. Das kann, wenn wir nicht aufpassen, schneller passieren, als uns lieb ist.

Wir erleben einen deutlichen Verfall an Freiheitsbewusstsein in unserem Land. Die moralischen und sozialen Folgeschäden, welche diese Politik hinterlassen wird, werden immens sein. In Kollegien, Freundeskreisen, Vereinen oder anderen sozialen Zusammenhängen kann vielfach nur noch in konspirativen Zirkeln offen miteinander gesprochen werden. Es gibt einen offiziellen und einen inoffiziellen Diskurs. Das alles ist Anzeichen für eine beginnende autoritäre Umformung der politischen und sozialen Kultur in unserem Land. Der Riss, der durch unsere Gesellschaft geht, zerstört fundamentales Vertrauen, auf vielen Ebnen unseres Zusammenlebens. 

Umso wichtiger ist es, gegen diese Entwicklungen jetzt die Stimme zu erheben und für die zentralen Prinzipien unserer Wert- und Verfassungsordnung standhaft einzutreten. Um diese wurde historisch hart gerungen. Für diese tragen wir auch eine soziale, geschichtliche Verantwortung, die weit über unseren Lebenskreis hinausreicht. Was wir der nachfolgenden Generation an Orientierungswerten hinterlassen, hängt auch von uns ab. Hier wird Generationengerechtigkeit, die viele politisch und kirchlich so gern im Munde führen, konkret greifbar. 

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