Kommentar: Bamberger Erklärung – lebendige Zivilgesellschaft oder vermachteter Diskurs?

Eine „Bamberger Erklärung“ zur aktuellen Coronasituation erweckt mittlerweile auch bundesweit in der Presse Aufmerksamkeit. Der ein oder andere von Euch wird die Erklärung sicherlich schon zur Kenntnis genommen haben. Es soll eine Erklärung der Bamberger Zivilgesellschaft sein. Die Erstunterzeichnern sind jedoch zahlreiche Prominente aus der oberfränkischen Bischofs- und Universitätsstadt, darunter auch der Erzbischof oder Bürgermeister, also mehr Amtsträger als Bürger.

Mir ist es immer verdächtig, wenn solche moralisierenden Erklärungen von allen führenden Funktionsträgern gemeinsam unterzeichnet werden, die ihre Unterschrift dann in den Medien auch noch herausstellen. Der „Aufstand der vermeintlich Anständigen“ mit oktroyiertem Konsenszwang verkleistert ethische und politische Konflikte, zerstört den öffentlichen Diskurs und verhindert damit auch eine rationale Lösung solcher Konflikte. Wir brauchen stattdessen einen offen geführten, streitbaren Diskurs über die angemessene Coronpolitik und einen Weg aus der aktuellen Krise heraus.

Aber nicht allein der ausgrenzende und moralisierende Ton erweckt Abwehr, auch die unernste „Kindergottesdienstästhetik“ (womit nichts gegen liturgisch gehaltvolle Kindergottesdienste gesagt ist) einer Menschenkette aus bunten Papiermännchen erscheint angesichts der gravierenden Wert- und Gewissenskonflikte unserer Tage unangemessen. Es spricht eher für einen vermachteten Diskurs als eine lebendige, plurale Zivilgesellschaft, wenn eine solche Erklärung von führenden Vertretern der Bamberger Stadtöffentlichkeit breit mitgetragen wird.

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