Schlaglicht: Seit wann ist das Lied der Deutschen verboten?

Hubertus Knabe kommentiert auf WELT online das neue Dossier des Berliner Senats zur Umbenennung von Berliner Straßen. Mehr als hundert Straßen wurden als Problemfall etikettiert, von Martin Luther und Katharina von Bora über Hoffmann von Fallersleben und Richard Wagner bis zu Thomas Mann und Konrad Adenauer. Vor den neuen Kulturkämpfern ist keine Epoche und kein Namen mehr sicher. Nur Karl Marx fehlt in der Sammlung des Gutachtens.

Wenn wir das Dossier ernstnehmen, wissen wir, was an kulturellen Verteilungskämpfen auf uns zukommen wird und welch scharfer Wind über kurz oder lang allen um die Ohren wehen wird, die sich künftig noch zu den kulturellen Traditionen unseres geliebten Vaterlandes bekennen wollen. Und bei alldem nimmt es das Gutachten mit den Fakten nicht so genau – denn: Heute zählt Haltung mehr als ein Wissensstand, wie uns die neue Werbekampagne der „Zeitung für Deutschland“, der F.A.Z., wissen lässt. So schreibt Knabe:

„Manchmal stimmen nicht einmal die Fakten – wie die Behauptung, die beiden ersten Strophen des Deutschlandliedes seien ‚aufgrund ihres aggressiven Nationalismus und revanchistischen Gehalts‘ verboten worden. Ihr Verfasser, Heinrich Hoffmann von Fallersleben, findet sich ebenfalls auf der Liste.“

Das Lied der Deutschen ist keinesfalls verboten und wird auf burschenschaftlichen Veranstaltungen auch weiterhin gesungen. Bezeichnend für den Verfall der politischen Debatte in unserem Land ist, dass für eine Senatsverwaltung juristische Wahrheit offenbar nicht mehr zählt. Ein solcher Staat ersetzt das Recht schleichend durch die Herrschaft kultureller Willkür. Eine Politik aber, die das kulturelle Gedächtnis des Landes ausradieren will und Unterstellungen an die Stelle des Rechts setzt, gefährdet die kulturelle Stabilität des Gemeinwesens. Man nennt das wohl „gesellschaftlichen Fortschritt“, denn die Parteien desselbigen regieren in unserer Hauptstadt.

Eine bissige Schlussbemerkung: Berlin darf nur der Anfang sein. Über kurz oder lang werden wir dann auch für das Verbindungshaus jener Burschenschaft, welcher der Verfasser angehört, eine neue Adresse bekommen. Ganz sicher. Der auf das nahegelegene ehemalige Siechenhaus zurückgehende Name Siechenstraße diskriminiert bestimmt alle Kranken, jedenfalls die geimpften. Die „demokratischen“ Parteien im Bamberger Stadtrat sollten endlich handeln und eine Straßenumbenennung einleiten.

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