Neuerscheinung: Von Jesus lernen

Gottesdienstmodell für den Achten Sonntag im Jahreskreis

Bei Jesus in die Schule gehen

Mit deutlichen, herausfordernden Worten wendet sich Jesus an die Menschen, die ihn suchen und ihm begegnen wollen. Selbst den Vorwurf „Du Heuchler!“ erspart er ihnen nicht. Jesus verkauft keine seichte Wohlfühl- oder Wellnessreligion.

Christliche Existenz setzt die Antwort des Glaubens auf Jesu Anruf voraus und verlangt die Bereitschaft, das eigene Leben an Jesus auszurichten. Jesus ruft uns dabei auf einen Weg der Liebe, der mehr verlangt als bloßen religiösen Gehorsam. Was braucht es, um ein Jünger Jesu zu werden?

Zunächst einmal Zeit und Geduld. Jesus stellt sich mit dem ersten Bildwort im heutigen Evangelium als Rabbi dar. Jünger Jesu wird man nicht von heute auf morgen. Wer Jesus nachfolgen will, muss bei ihm in die Schule gehen. Er muss nach und nach lernen, was es heißt, das eigene Leben auf Gott hin auszurichten. Wer sich auf diesen Weg einlässt, wird immer tiefer verstehen, was Jesus verkündet und vorgelebt hat. Und er wird immer stärker in das Beispiel Jesu hineinwachsen.

Wer aber meint, diesen Weg abkürzen zu können, wer meint, bereits alles zu wissen und sich über das Vorbild des Meisters erhebt, der gleicht einem blinden Führer. Niemand in der christlichen Gemeinde darf sich über das Vorbild Jesu hinwegsetzen. An ihm Maß zu nehmen, bedeutet, nicht nur zu predigen, sondern auch im Leben dem zu entsprechen, was Jesus vorgelebt und getan hat.

Mit dem Blick auf sich selbst anfangen

Dieser Anspruch ist hoch. Doch die Schule, in die uns Jesus ruft, ist ein gemeinsamer Lernprozess. Wir gehen ihn als Gemeinde zusammen. Immer wieder sind wir dazu aufgerufen, einander anzunehmen und uns gegenseitig zu unterstützen, angesichts der moralischen und religiösen Schwächen, die jeder Einzelne mitbringt. Gegenseitig sollen wir uns korrigieren und helfen und so aneinander wachsen.

Doch Vorsicht! Dies kann zur Überheblichkeit, Selbstgerechtigkeit oder Heuchelei führen. Keiner sollte innerhalb der christlichen Gemeinde glauben, er sei moralisch größer als der Meister und könne sich über die anderen stellen. Den anderen auf seine Fehler hinzuweisen, verlangt vielmehr, zunächst auf sich selber zu schauen, schonungslos und illusionslos. Wer dazu bereit ist, wird die eigenen Fehler und Schwächen erkennen. Sich diese einzugestehen und an diesen zu arbeiten, ist der erste Schritt zur Umkehr. Und nur wer dazu bereit ist, darf es wagen, den anderen zu korrigieren.

Aus der Wurzel leben

Und schließlich: Ob unsere Beziehung zu Jesus aufrichtig und echt ist, wird sich an den Früchten erweisen, die wir bringen. Das rechte Wort, die rechte Ermahnung, die aufrechte Beziehung zum Nächsten, die gute Tat – sie leben aus der Beziehung zu Jesus Christus. Wenn wir in ihm wurzeln, werden wir glaubwürdig sein, wird unser Leben, unser Reden, Denken und Handeln widerspiegeln, was wir glauben.

Die Bäume unterscheiden sich in ihren Früchten. Aber auch hier sollten wir uns nicht zu sicher sein. Jeder Baum kann absterben. Wo unsere Beziehung zu Jesus gestört ist, wo wir die Verbindung zu ihm nicht mehr pflegen, werden unsere Blätter welken und verdorren, werden wir zu einem Baum, der an Saft und Kraft verliert.

Damit ein Baum sich entwickeln und Frucht bringen kann, braucht er Pflege. So ist es auch mit unserer Beziehung zu Jesus Christus. Die kommenden Tage der Österlichen Bußzeit laden uns dazu ein, unsere Beziehung zu ihm wieder zu vertiefen: durch Gebet, Betrachtung und Lesen in der Heiligen Schrift; durch Verzicht und Besinnung auf das Wesentliche; durch Zuwendung und Zeit für den anderen. Die kommenden Tage sind eine Zeit, die unser Herz wieder füllen will – mit dem, was im Glauben zählt und was unser Leben aufrichtig macht.

Axel Bernd Kunze: Von Jesus lernen [Lesejahr C. Achter Sonntag im Jahreskreis], in: WortGottesFeiern an allen Sonn- und Feiertagen 19 (2022), H. 1, S. 179 – 194.

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