„Die Titellehre – ein Anachronismus?“, fragt Sascha Sven Noack in der aktuellen Märzausgabe der Zeitschrift „Forschung und Lehre“ des Deutschen Hochschulverbandes (S. 230 f.). Sein Beitrag bezieht sich auf ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes von Ende 2017. Das Gericht stellt die bisherige Praxis nicht grundsätzlich in Frage, mahnt aber an, dass Lehrveranstaltungen, die im Rahmen bestehender Prüfungsordnungen angeboten werden und damit von öffentlichem Interesse seien, auch vergütet werden müssten. Der Autor sieht nach dem Urteil durchaus Anlass, die Titellehre neu in den Blick zu nehmen. Doch die Fragen reichen weiter, als von ihm skizziert.
Wir erleben gegenwärtig, dass jahrzehntelang eingespielte Mechanismen auf den Prüfstand gestellt werden, sei es der NC für Mediziner oder das Streikverbot für Beamte. Man mag diese Entwicklung bedauern oder begrüßen. Es gibt aber mindestens genauso viele gute Gründe, über die konkrete Ausgestaltung der Titellehre neu nachzudenken. Es ist grundsätzlich unehrenhaft, wenn eine erbrachte Leistung nicht vergütet wird. Bereits die Habilitation und das Aufrechterhalten der Bewerbungsfähigkeit des Habilitierten sollten von öffentlichem Interesse sein, nicht erst die Prüfungsrelevanz der erbrachten Titellehre. Bei der Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit muss die Verdichtung vieler akademischer Berufe berücksichtigt werden. Eine nebenberufliche Lehr- und Forschungstätigkeit fällt immer schwerer und wird von Politik und Trägern oft auch gar nicht mehr gewünscht. Die neue Studienstruktur erschwert mancherorts das Abhalten von Blockseminaren. Befreiungen von der Titellehre sollten daher im Sinne der (auch gesundheitlichen) Fürsorgespflicht großzügig gehandhabt werden. Da Lehrveranstaltungen an Fachhochschulen, Fach- und Meisterschulen auf Stufe 6 des DQR dem universitären Bachelor im Kompetenzerwerb gleichgestellt worden sind, ist es nicht mehr plausibel, dass diese nicht auf die Titellehre angerechnet werden. Gleiches gilt für Lehraufträge, da Universitäten mittlerweile selber berufsqualifizierende BA-Studiengänge anbieten, die von den eigenen Dienstherrn im Tarifrecht als nichtwissenschaftlich eingestuft werden.