Die Bildungs-Grätsche
Versprechen und Wirklichkeit der Bildungssteuerung
GBW-Tagung 17.&18.04.2026, Universität Bonn
Seit dem „PISA-Schock“ erlebt das deutsche Schulsystem und ähnlich das in Österreich und der Schweiz einen bildungspolitischen Aktionismus. Jede neue Maßnahme versprach Aufbruch: mehr Effizienz durch Steuerung, mehr Evidenz durch Daten, besseren Unterricht durch Kompetenzmodelle, digitale Modernisierung, individuellere Förderung und selbstgesteuertes Lernen. Manches davon klang verheißungsvoll, einiges vielleicht sogar plausibel.
Doch der Blick in die Klassenzimmer erzählt eine andere Geschichte. Was als Modernisierung gedacht war, hat nicht zu besseren Leistungen geführt – ganz im Gegenteil. Die Interventionen waren insofern erfolgreich, als gerade die neuen Steuerungsinstrumente ihr Scheitern in der schulischen Wirklichkeit empirisch dokumentieren: Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler haben sich nicht verbessert, sondern im Gegenteil massiv verschlechtert.
Gleichzeitig wächst der Schatten der Nebenfolgen. Lehrkräfte berichten von einer Realität, in der Pädagogik allzu oft hinter Formularen verschwindet, in der Rechenschaftslegung Zeit frisst und Bürokratie Energie bindet. Zwischen ambitionierten Programmen und dem, was in den Schulen tatsächlich möglich ist, klafft eine Lücke, deren Bewältigung viele als Grätsche empfinden – als tägliche Spannung zwischen bildungspolitischem Wunschdenken und schulischer Wirklichkeit.
Zwar liegen die Ursachen auch in allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen und nicht allein bei der Bildungspolitik. Und doch ist es notwendig, die großen „Verheißungen“ der vergangenen Jahre mit den Erfahrungen jener zu konfrontieren, die das System Tag für Tag tragen.
Die Gesellschaft für Bildung und Wissen (GBW) widmet diesem Spannungsfeld ihre Tagung am Freitag, 17.04., 18.00 Uhr, bis Samstag, 18. 04. 2026, an der Universität Bonn. Unter dem Motto „Die Bildungs-Grätsche – Versprechen und Wirklichkeit der Bildungssteuerung“ geht sie den Bruchlinien nach: jener zwischen bürokratischer Steuerung und schulischem Alltag, zwischen empirischer Vermessung und pädagogischer Urteilskraft, zwischen visionären Reformnarrativen und dem Hier und Jetzt im Klassenzimmer.
Eine Tagung, die nicht auf schnelle Lösungen setzt, sondern auf Klarheit – und auf die Frage, wie Bildung gelingen kann, wenn man die Widersprüche endlich ernst nimmt. Es kommt jetzt darauf an, dass nicht mehr bildungspolitisches Wunschdenken die erziehungswissenschaftlichen Diskurse bestimmt; im Zentrum müssen die Herausforderungen der Praxis stehen. Wer dauernd vom Fortschritt in der Pädagogik redet, hat wenig von ihr verstanden.
Bisher haben für Vorträge zugesagt: Prof. Dr. Carl Bossard (Stans), Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer (Heidelberg), Prof. Dr. Rainer Kaenders (Bonn), Prof. Dr. Roland Reichenbach (Zürich), Prof. Dr. Ysette Weiss (Mainz). Weitere Informationen folgen.