Zwischenruf: Freiheit lebt vom Diskurs

Grundfreiheiten und Grundrechte können durch staatliche Stellen angegriffen werden – das ist eindeutig, insofern der Staat erstrangiger Adressat der Grundrechte ist. Grundfreiheiten können aber auch durch gesellschaftliche Kollektive erstickt werden. Und hier maßen sich wissenschaftlche Fachgesellschaft schon länger und immer häufiger eine Türwächterfunktion an, die ihnen nicht zusteht, indem sie bestimmen, was als legitime wissenschaftliche Meinung gilt und was nicht. Es gibt eine zugelassene, vermeintlich demokratische Einheitsmeinung – und alles andere wird als unwissenschaftlich erklärt.

Im Band „Die Verlorene Wissenschaft“, herausgegeben von Matthias Fechner und Klaus Buchenau, wird dies am Beispiel der AG Christliche Sozialethik ausgeführt. Und dann kommt der Staat wieder ins Spiel: Der Landtag Baden-Württemberg hat den Boykottaufruf der Fachgesellschaft gegen die Zeitschrift „Die Neue Ordnung“ als legitimes Mittel der wissenschaftlichen Auseinandersetzung anerkannt, und zwar als ein Mittel, auf das sich eine steuerfinanzierte Universitätsbiblitohek bei ihren Entscheidungen stützen darf. Dabei hat der Staat nicht nur die Aufgabe, die Grundrechte zu respektieren, sondern auch vor Eingriffen durch Dritte zu schützen.

Aber das Vorgehen der Fachgesellschaften passt in ein öffentliches Diskursklima, in dem Kontroversen immer weniger erwünscht sind und in dem nicht mehr das bessere Argument zählt, sondern allzuoft die richtige Gesinnung. Und dann müssen Wissenschaftler, die „falsch“ denken, aus dem Weg geräumt, ausgegrenzt und im akademischen Diskurs unsichtbar gemacht werden. Freiheit sieht anders aus, sollte anders aussehen. Freiheit lebt vom offenen, kontroversen, streitbaren Diskurs.

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