Offener Brief an die WHO: Sorge um Rechtsstaatlichkeit bei Pandemiebekämpfung

Offener Brief an die Weltgesundheitsorganisation (WHO): Aufruf zur Wahrung von Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit und einen angemessenen Überprüfungsprozess in den WHO-Gesetzgebungsverfahren zur Pandemievorsorge und -bekämpfung

„Ende Mai dieses Jahres sollen 194 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Annahme von zwei Dokumenten abstimmen, die zusammengenommen die internationale öffentliche Gesundheitspolitik und die Art und Weise, wie die Staaten zusammenarbeiten, wenn der WHO-Generaldirektor einen globalen Gesundheitsnotstand ausruft, tiefgreifend verändern sollen. Diese Entwürfe, ein Pandemieabkommen und Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV), sollen rechtsverbindlich sein und die Beziehungen zwischen den Staaten und der WHO neu regeln.

Obwohl sie erhebliche gesundheitliche, wirtschaftliche und menschenrechtliche Auswirkungen haben werden, werden die beiden Entwürfe weniger als zwei Monate vor der geplanten Abstimmung immer noch in verschiedenen WHO-Ausschüssen verhandelt. Sie wurden in ungewöhnlicher Eile unter der Prämisse ausgearbeitet, dass die Dringlichkeit, das weltweite Pandemierisiko einzudämmen, rasch zunimmt.

Obwohl diese Dringlichkeit und die Daten und Zitate, auf die sich die WHO und andere Agenturen gestützt haben, inzwischen widerlegt wurden, besteht die Dringlichkeit fort. Infolgedessen wurden internationale Verfahrensregeln, die bestimmte Überprüfungszeiten vorschreiben, beiseite geschoben. Das untergräbt unweigerlich die Gerechtigkeit und Fairness der Verhandlungsprozesse, da Staaten mit weniger Ressourcen keine Zeit haben, die Auswirkungen der Abkommen auf ihre eigene Bevölkerung vor der Abstimmung vollständig zu bewerten.

Dies ist ein äußerst ungeeigneter und gefährlicher Weg, um ein rechtsverbindliches internationales Pandemieabkommen zu erarbeiten. Es ist daher an der Zeit, das Verhandlungstempo zu drosseln, um eine kohärente Entwicklung des rechtlichen Rahmens zur Pandemievorsorge und -bekämpfung zu gewährleisten, anstatt vorschnell unübersichtliche Regelungen anzunehmen und eine Vielzahl von übergeordneten Behörden und konkurrierende globale Akteure zu institutionalisieren, wie in einem kürzlich veröffentlichten Schreiben empfohlen wurde.        

Im nachstehenden Offenen Brief werden die WHO und die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Frist für die Verabschiedung der Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften und eines neuen Pandemieabkommens auf der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA) zu verlängern, um Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit, Fairness und einen angemessenen Prozess zu gewährleisten.

Verfasst von David Bell, Silvia Behrendt, Amrei Müller, Thi Thuy Van Dinh & anderen.“

Der Brief kann hier gezeichnet werden: https://openletter-who.com/de/#_ftn1

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