Zwischenruf: Gendern – oder: Abschied von der Bildungsnation

Wer heute die Stuttgarter Zeitung gelesen hat, sieht, dass es ganz andere Baustellen im Bildungssystem gibt, über die wir uns dringend Gedanken machen sollten, als über vermeintliche sprachliche Diskriminierung, die mit Sprachzerstörung bekämpft werden soll. Nach den Sommerferien müssen Lehrer im neuen Schuljahr zwei Klassen leiten. Ein Drittel der Grundschüler hat in Baden-Württemberg mittlerweile Sprachförderbedarf. Die grundlegenden Kulturleistungen werden am Ende der Grundschule von immer mehr Schülern nicht beherrscht. Die Berufsschule verlassen nur noch 78 Prozent der Schüler, ein historischer Tiefstwert, in Baden-Württemberg mit einem Abschluss. Die Erziehungsschwierigkeiten nehmen zu.

Die Folgeprobleme der geschilderten Ergebnisse der neuesten Bildungsstudie in Baden-Württemberg kann sich jeder ausmalen. Und der Lehrerberuf wird durch solche Befunde auch nicht attraktiver werden. Also: Abschied von der Bildungsnation – auf ganzer Linie. Die Forderungen nach sprachlichem Gendern lenken herrlich von der Bildungsmisere im Land ab.

Aber ob Hochschule oder Schule: Es ist einfacher, sich über Politaktivismus zu verständigen und Gesinnungsschnüffelei zu betreiben, als sich über Bildungs- und Erziehungsfragen ernsthaft auseinandersetzen – und dann auch wirklich Verantwortung gegenüber der nachwachsenden Generation zu übernehmen. Es bleibt zu hoffen, dass das Gendervolksbegehren erfolgreich sein wird. Aber ich bleibe mehr als skeptisch: Entweder knickt das sogenannte Bürgertum ein oder man wird ein unerwünschtes Ergebnis beim Volksentscheid „rückgängig machen“.

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