Die Corona- und Impfpolitik, die wir erlebt haben, hat auf eine deutliche Polarisierung der Gesellschaft gesetzt. Die geistig-moralischen Langzeitschäden dieser politischen Richtungsentscheidung sind noch heute spürbar. Freundschaften sind daran zerbrochen, Zerwürfnisse selbst im Privaten bis heute nicht geteilt. Eine Aufarbeitung bleibt weiterhin dringend geboten.
Selbstverständlich muss es möglich sein, über verschiedene Entscheidungen der Gesundheitspolitik und das Verhalten einzelner Akteure in Coronazeiten kritisch zu diskutieren – und dabei wird es unterschiedliche Bewertungen geben, das ist Freiheit. Warum aber werden Kritiker der Impfpolitik dabei immer noch oft auf eine Rolle als Verschwörungstheoretiker oder Fake-News-Produzenten festgelegt? Das ist jene Einseitigkeit in der Debatte, die viel zur Polarisierung der Gesellschaft beigetragen hat. Wenn diese affektgeleitete Einseitigkeit in der Coronapolitik, bei der Wissenschaftler kräftig mitgestrickt haben, nicht unvoreingenommen aufgearbeitet wird, wird die Polarisierung chronisch. Und ich bin überzeugt davon: Auf Dauer wird das nicht gutgehen. Verdrängtes drängt sozialpsychologisch irgendwann nach oben.
Als Sozialethiker bleibe ich dabei: Jede Impfung stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und darf, zumal bei allein notfallzugelassenen neuartigen Impfverfahren, nur eine freie Gewissensentscheidung sein. Diesen menschenrechtsethischen und rechtsstaatlichen Grundkonsens haben weite Teile der Politik, der Wissenschaft, der Medien und der gesellschaftlichen Großorganisationen (einschließlich der Kirchen) in der Coronapolitik verlassen. Bis zur Ankündigung einer (Corona-)Politik „ohne rote Linien“. Eine solche sollte ein verfassungspolitisches und verfassungsrechtliches Unding sein. Es zeugt daher für eine gravierende Verrohung der politischen Debatte, dass sich gegen eine solche Entgleisung eines Bundeskanzlers so gut wie kein Widerstand regte.
Die Menschenrechte bleiben unteilbar. Für das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist genauso Zu streiten wie für die Wissenschaftsfreiheit oder das Recht auf Bildung. Wo es kein Recht am eigenen Körper mehr gibt, gibt es auch keine Wissenschaftsfreiheit und keine Bildungsfreiheit. Wir müssen diese Debatten führen, weil sich der biopolitische Kollektivismus nach Corona nicht erledigt hat. Im Gegenteil: Die Verschärfungen im Infektionsschutzgesetz sind nicht zurückgenommen, der WHO-Vertrag steht vor der Tür – und damit eine zentrale Preisgabe nationaler Souveränität in grundrechtsrelevanten Kernbereichen unseres Verfassungsstaates.
Wenn wir eine unvoreingenommene Aufarbeitung der coronapolitischen Polarisierungen, Übergriffe und Freiheitsverstöße wollen, müssen Grenzüberschreitungen in beiden Debattenlagern in den Blick genommen werden. Und das geschieht in der Regel nicht, stattdessen werden die Kritiker der Corona- und Impfpolitik weiterhin einseitig verdächtigt.
Noch heute wird die Debatte über die Coronapolitik aufs Ganze gesehen weiterhin einseitig geführt: In der Regel wird immer auf Kritiker der Corona- und Impfpolitik verwiesen, die in unwissenschaftliche „Querdenkerei“ oder Verschwörungstheorie abgeglitten seien oder sich zumindest nicht deutlich genug davon abgesetzt hätten. Sehr häufig begegnen weiterhin Pappkameraden- und Strohmannargumente, welche die Anliegen der Kritiker verzerren. Äußerst selten sind Stimmen zu vernehmen, die darauf hinweisen, welche Grenzüberschreitungen von den Befürwortern der Corona- und Impfpolitik gemacht wurden, beispielsweise durch die Legitimierung von Grundrechtseingriffen, die Diffamierung Andersdenkender oder auch durch eine naive Wissenschaftsgläubigkeit und einen säkularisierten Heilsglauben an Impfversprechen, die von vornherein wissenschaftlich unseriös waren. Forschungsfragen, die unvoreingenommen zu klären wären, liegen auch heute genügend auf dem Tisch, etwa zu den Daten zur Übersterblichkeit in Coronazeiten und deren Ursachen.Ethisch gab es Stimmen für eine auf Zwang und Ausgrenzung setzende Impfpolitik, die einem platten Utilitarismus folgten, den man in anderen Fällen sofort als unwissenschaftlich zurückgewiesen hätte. Mit der Rede von unumstößlichen „Fakten“ und „Faktenchecks“ ist mir in der Corona- und Impfpolitik viel zu oft auf unsachliche Weise Politik gemacht worden. Doch sollten wir wissen: Wissenschaft ist immer nur der letzte Stand des Irrtums. Wissenschaft hat sich durch seriöse Forschung Autorität zu erarbeiten.